Samstag, 2. Mai 2015

NDR 1 Radio MV: Ganz toll!



Letztens gab es Grund zu feiern. Radio MV, der rechtlich-öffentliche Sender des Norddeutschen Rundfunks in Mecklenburg-Vorpommern, feierte sich selbst als unangefochtenen Spitzensender. Grund war die Ermittlung der Einschaltquoten, aus denen hervorging, wie toll Radio MV ist.

Und so beschreibt NDR 1 Radio sein tolles Ergebnis selbst: „NDR 1 Radio MV sagte Danke. Täglich hören 486.000 Hörerinnen und Hörer das Programm, damit bleibt NDR 1 Radio MV das beliebteste aller NDR Hörfunkprogramme.“ Aber alle 486.000 Zuhörer zur gleichen Zeit oder über den Tag verteilt? Vielleicht auch im ganzen Jahr? Insofern wäre das Ergebnis nicht ganz so toll.

Bei einer Sendung wie die „Marko Vogt Show“ ist das nur schwer vorstellbar. Dazu genügt ein einmaliges Einschalten. Danach ist man für den Rest seines Lebens bedient. So etwa Karsamstag 2015. In dieser Sendung kalauerte Vogt, dass er zu Ostern alle mit seiner Anwesenheit beschere, und was er dafür bekomme. Die Arbeit seiner Assistentin machte er ständig zunichte, obwohl sie um Seriosität bemüht war. Anschließend fragte Vogt das Publikum nach den besten Osterverstecken. In solchen Momenten ist die Versuchung groß, bei Radio MV anzurufen und zu antworten: „Ich verstecke meine Faust gleich mit großer Geschwindigkeit in Deiner Fresse!“ Doch die Zuhörer von Radio MV waren sehr besonnen und verpackten ihre Kritik auf verhaltene Weise. Somit sind die vermeintlichen hohen Einschaltquoten eher verwunderlich.


Also ist das Ergebnis nicht ganz so toll. Schließlich leben in Mecklenburg-Vorpommern rund 1,6 Millionen Menschen. Den ganzen Tag gibt es rund 1,1 Millionen Menschen in Mecklenburg-Vorpommern, die nicht Radio MV hören. Und wie viele Zuhörer schaffen die Konkurrenzprogramme der Privatsender? Ist also die Beschreibung als beliebt doch nur übertrieben?

Um die Sache richtig aufzuklären, muss man festhalten, dass die Quotenermittlung in Deutschland grober Unfug ist. Über den Quotenmesser zu Ermittlung der TV-Einschaltquoten wurde in den Medienbereits zahlreich berichtet. Auch wenig sinnvoll ist die Unterteilung in werberelevante Zielgruppen zwischen 15 und 49 Jahren. Denn das sind die Personengruppen in Deutschland, die eher weniger Geld haben. Als Schüler, Bufti, Azubi oder Student hat man nicht viel. Danach kommt der Berufseinstieg mit Familie. Und dann ist diese Altersgruppe relevant für Mercedes? Wohl kaum! Erst ab 49 Jahren macht ein Mercedes Sinn, weil dann die Kinder mehr oder weniger aus dem Haus sind und die Midlife-Crisis beginnen.

Beim Radio laufen die Dinge noch etwas anders. Zur Ermittlung der Einschaltquoten beim Radio gibt es die „MA Radio“, also die Media-Analyse Radio. Dazu ruft die Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse e.V. wahllos bei den Bürgern an. Das geht natürlich nicht auf der Arbeit, also erfolgen die Anrufe zuhause. Und wer geht da tagsüber ans Telefon? Die Antwort ist ziemlich einfach: Rentner mit größter Wahrscheinlichkeit, gefolgt von Arbeitslosen, krankgeschriebenen Menschen und anderen, die man in der Statistik eher vernachlässigen kann.

Im Fall von Radio MV ist das alles zu vernachlässigen. Das Durchschnittsalter in Mecklenburg-Vorpommern liegt ja eh jenseits der Schallgrenze. Es beträgt 45 Jahre. Insofern ist es durchaus möglich, das Radio MV das beliebteste Radioprogramm im Land ist. Verwunderlich wäre es nicht. Also ein Hoch auf Radio MV!

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