Mittwoch, 8. April 2015

Unser tolles Bayern



Wie wunderbar und toll unser Bayern ist, kriegen wir beinah täglich aufs Brot geschmiert. Dafür sorgt die Bayernpartei CSU sehr gut. Das mag eine bayrische Form des Populismus sein. Denn Populismus beinhaltet ja eigentlich nur populäre Politik und deren Anpreisung. Dabei handelt es sich also um Politik, die sich am Stammtisch einfach verkaufen ließe. Und zu solcher populären Politik zählt auch die beständige Forderung nach Abschaffung des Soli und des Länderfinanzausgleichs. Schließlich bliebe damit viel Geld in Bayern. Und bald dürften diese beiden innerdeutschen Finanztransfers wieder auf der bayrischen Tagesordnung stehen. Sonst wäre es ja auch irgendwie langweilig.

Zu kurzen Erklärung: Der Soli steht für Solidaritätszuschlag, den tatsächlich jeder deutsche Arbeitnehmer mit seiner Steuer abführt. Diese Abgabe dient der finanziellen Unterstützung der ostdeutschen Länder, weil ihnen nach 1945 nicht die gleichen Ausgangsvoraussetzungen wie den westdeutschen Ländern zuteilwurden. So gab es in der DDR kein vergleichbares Pendant zum Marshall-Plan. Zugleich leistete die DDR bis 1990 Reparationszahlungen an die Sowjetunion, während die Bundesrepublik nur vergleichsweise geringe Zahlungen an ehemalige Kriegsgegner und Israel vornahm. Das führte unter anderem zum wirtschaftlichen Niedergang der DDR, was ansonsten auch nicht weiter sonderlich bedauernswert ist.

Der Länderfinanzausgleich wird von jedem Steuerzahler in der Bundesrepublik getragen und dient der Schaffung und des Erhalts des gleichen Lebensstandards innerhalb der Bundesrepublik. So sollen die Niedersachsen nicht schlechter als Hamburger oder Bayern leben. Das ist ziemlich abstrakt, aber so ist das föderale System der Bundesrepublik nun einmal. Jedoch ist auch dies eine sinnvolle Maßnahme.

Der sogenannte Freistaat Bayern war lange Nutznießer des Länderfinanzausgleichs. Mitte der 1980er änderte sich dies. Das ist erfreulich für Bayern. Doch auf welche Kosten geschah dieser Wandel? Die Annäherung an diese Antwort ist dialektisch.

Einerseits ist der wirtschaftliche Aufschwung Bayerns unbestritten. Bayern entwickelte sich seit 1949 von einer überwiegend agrarisch geprägten Gesellschaft zu einer Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft. So haben BMW, Siemens, MAN und die Allianz ihre Hauptsitze in München. Natürlich gibt es auch weitere Standorte dieser Unternehmen in Bayern. Außerdem gibt es Audi und Adidas in der bayrischen Provinz.

Doch andererseits erfolgte der Aufschwung auch zu großem Teil auf Kosten der Bevölkerung. Gemessen in absoluten Zahlen liegt Bayern bundesweit auf Platz zwei mit den meisten Aufstockern und Hartz-IV-Empfängern, dabei ist Bayern zugleich das zweitbevölkerungsreichste Bundesland. Nur von Nordrhein-Westfalen wird Bayern übertroffen. Zwar hat Bayern bundesweit die niedrigste Arbeitslosenzahl, doch zeugt das eher von der Rigorosität bayrischer Sozialbehörden. So gibt es in Bayern scheinbar nur die Wahl zwischen Niedriglohnsektor und Selbständigkeit zulasten der Sozialkassen.

Und darin liegt der Knackpunkt. In die Sozialkassen zahlen alle erwerbstätigen Bundesbürger ein. Ob Krankenversicherung, Arbeitslosen- oder Rentenversicherung – egal! So zahlen beispielsweise die berufstätigen Bürger in Mecklenburg-Vorpommern genauso in die Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung ein, wovon letztendlich alle deutschen Staatsbürger profitieren. Auch die Bayern! Und das obwohl Bayern nicht nur die zweitmeisten Aufstocker, sondern auch Rentner hat.

Insofern ist die bayrische Forderung nach Abschaffung des Soli und Länderfinanzausgleichs vermessen. Die Forderung wäre vollkommen legitim, wenn nicht ein indirekter Länderfinanzausgleich über die Sozialkassen erfolgen würde. Darüber sollte sich die CSU im Klaren sein!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen