Donnerstag, 24. Juli 2014

Günther Jauch hortet Glühbirnen vorrätig im Keller, Mutter Beimer dafür nicht



Die Schwemme an Quiz-Shows im deutschen Fernsehen ist enorm. Jörg Pilawa soll gegen das Quotentief im Vorabendprogramm des Ersten ankämpfen. Günther Jauch ladet immer noch regelmäßig zu seinem Millionen-Quiz ein. So hat jeder deutsche Staatsbürger mittlerweile die Chance, einmal Gast bei einer Quiz-Sendung zu sein. Und die Chancen stehen gut, schließlich ist das Niveau für eine gemäßigte Summe bei Günther Jauch nicht sonderlich hoch. Gleiches gilt für die Sendung von Jörg Pilawa. Sicherlich ist es einfach, sich aus dem Hintergrund heraus darüber zu echauffieren. Wenn man Gast bei einem Fernseh-Quiz ist, spielen viele Faktoren, die einem den Gewinn verhageln können, eine Rolle. Das sind Aufregung und Lampenfieber. Wer steht schon in seinem wirklichen Leben professionell vor der Kamera oder vor einem Publikum? Gleichzeitig geht es bei diesen Quiz um Geld. Wer will also eine bereits erkämpfte, stattliche Summe so einfach auf’s Spiel setzen? Lieber 15 000 Euro als nichts. Also bloß keine Blöße geben. Da ist dann auch die Million egal.
 
Deswegen ist Günther Jauch als sogenannter Talker ins Erste gewechselt, weil solche Quiz-Sendungen aufgrund von mangelnder Spannung mittlerweile ihren Charme verlieren. Außerdem bieten politische Talkshows mehr Unterhaltung und Spannung als ein gewöhnlicher Gewinner von 32 000 Euro, zumal der Gewinner einer Debattierrunde nicht zwangsläufig feststeht. Für sein Engagement als Talker kriegt Jauch vom Auftrag gebenden NDR 10,5 Millionen Euro und muss nur 39 Sendungen pro Jahr abliefern. Für solch eine Summe setze ich mich auch gern 39-mal im Jahr für jeweils eine Stunde vor die Kamera. Viel passieren kann ja nichts. Politik soll für den Bürger einfach und oberflächlich bleiben. Der Zuschauer darf nicht überfordert werden. Sonst könnten wir ja gleich Helmut Schmidt und Reinhold Beckmann allabendlich sabbeln lassen.

Und an die Vorgaben hält sich Jauch auch hervorragend. Zu sehen war es am vorgestrigen Wahlabend. Nach der Europawahl 2014 am Sonntag, dem 25. Mai, hatte Jauch Juli Zeh, Wolfgang Schäuble, Peer Steinbrück und Giovanni di Lorenzo bei sich zu Gast. Man schlapperte ein bisschen hierüber, ein bisschen darüber. Alles ohne tiefgreifende Erkenntnisse.

Jedoch versuchte sich die Schriftstellerin und Juristin Juli Zeh darin. Die Wahrheiten, die sie von sich gab, waren allgemein bekannt und unbestritten. Allerdings versuchte sich Zeh auch in neuen Erkenntnissen. Und zwar in folgender: „Die Europäische Union ist erstmalig der Versuch eines friedlichen Miteinanders in Europa.“

Nein, das stimmt nicht. Doch keiner widersprach. Es gab nämlich auch vorher Versuche. Diese blieben nur alle auf lange Sicht erfolglos. Nach dem Dreißigjährigen Krieg gab es 1648 den Westfälischen Frieden. Der Wiener Kongress von 1815 war die Konsequenz der Napoleonischen Kriege. Gegen Ende des Ersten Weltkriegs legte Woodrow Wilson 1918 sein 14-Punkte-Programm vor, was die Schaffung des Völkerbundes als Vorläufer der Vereinten Nationen beinhaltete. Die Vereinten Nationen und die EU wurden als Konsequenz des Zweiten Weltkriegs gegründet. Diese vielen Bemühungen waren deshalb bislang erfolglos, weil sie Kriege als probates und legitimes Mittel zur Umsetzung der Außenpolitik nicht kategorisch missbilligten. Heute werden Angriffskriege zwar verurteilt. Das Verteidigen des eigenen Landes oder der Beistand von anderen Ländern dagegen nicht.

So schwadronierte Zeh weiter rum. Tja, das Thema NSA-Ausspähaffäre ist also doch etwas einfacher. Da kann man klar mit dem Finger auf den Übeltäter zeigen, ohne dass sich jemand dagegen auflehnt.
Jedenfalls kein einziger Widerspruch in der Runde. Auch nicht von Steinbrück. Dafür wurde Steinbrücks Aussagen ebenfalls nicht widerlegt. So sagte Steinbrück aus, dass die EU-Kommission nicht nach der Gewaltenteilung von Montesquieu arbeite. Schließlich sei die Kommission eine Mischung aus Legislative und Exekutive. Doch hat sich Steinbrück auch in der bundesdeutschen Wirklichkeit umgeschaut, wo Anwaltskanzleien und Lobbyverbände im Auftrag von Ministerien Gesetze ausarbeiten? Und diese Gesetze werden dann durch Fraktionszwang in der Koalition abgenickt. Der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim hat das in „Das System“ und andere Büchern mehrfach belegt. Ja, das waren noch Zeiten als die Aristokratie, die Herrschaft der Besten auf Deutsch, vorherrschte. So darf mittlerweile jeder ein bisschen plappern, was ihm gerade in den Sinn kommt. Das ist auch nicht verwunderlich an einem Wahlabend, an dem jeder euphorisch ist und sich als Gewinner sieht. Also sei es Schäuble, Steinbrück und auch Zeh sowie di Lorenzo vergönnt.

Alle fünf ließen sich gegenseitig gewähren. Schließlich bedarf ein Auftritt in einer politischen Talkshow ja ein paar politischer Inhalte gepaart mit Oberflächlichkeit und Eloquenz. Und damit zeigt sich erst am Ende der Runde, wer gewonnen hat. Das ist dann der Gast, der am meisten geredet hat, ohne Widersprüche zu erhalten.

Doch man kann auch dadurch gewinnen, indem man einen Gast gegen die Widersprüche eines anderen oder ohne Widerspruch beiseite springt. So geschah es auch in der gleichen Sendung von Günther Jauch, als Giovanni di Lorenzo unaufgefordert erklärte, dass er wie Peer Steinbrück massenhaft Glühbirnen im Keller hortet.

In seiner geselligen Kaffeerunde erklärte dann Günther Jauch dazu: „Ich auch.“ Vermutlich wollte Jauch auch einmal Gewinner sein, nachdem er so viele politische Talkshows moderiert und so vielen Bürgern Geld geschenkt hat. Damit verabschiedete sich die gesellige Runde, schließlich waren sich alle einig, nachdem alles thematisch kurz angerissen wurde. Nun freue ich mich auf die nächste Ausgabe der Lindenstraße, die garantiert mehr Spannung und Zwietracht bietet. Und da gilt es als verpönt, wenn man keine Sparlampen nutzt. Also hortet Mutter Beimer keine im Keller!



Dieser Post wurde am Mittwoch, dem 28. Mai 2014, auf meinem alten Blog (http://mein-woechentlicher-aufreger.blogspot.de) zuerst veröffentlicht. Da ich meine Zugangsdaten für den alten Blog verloren habe, erstellte ich einen neuen. Deshalb habe ich diesen Post hier erneut eingestellt, obwohl er vielleicht nicht mehr aktuell ist.

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